Phd.
Wissenschaftl. Mitarbeiterin Neuedition, Revision und Abschluss der Werke Immanuel Kants.
Maja Schepelmann ist Wissenschaftl. Mitarbeiterin Neuedition, Revision und Abschluss der Werke Immanuel Kants.
Kants zu Lebzeiten veröffentlichtes Werk (Gesamtwerk) verstehe ich als eine dramaturgisch und rhetorisch geplante, inszenierte Einheit eines Argumentations-Vorganges, in dessen Rahmen eine skeptisch prüfende philosophische Methode zum Einsatz kommt, die durchgängig die Eigenart hat, zunächst mit nicht hinreichend bestimmten Begriffen und Einteilungen aus der Tradition zu operieren, um diese dann im weiteren Verlauf der Schriften in ihrer Gesamtheit betrachtet zu präzisieren und zu verbessern oder auch ganz abzustoßen.
Die Besonderheit der kantischen Philosophie liegt dabei zusätzlich darin, dass er performativ einen tätigen Zweifel bei den Leser/innen erzeugt, mit dem Ziel, dass es teilweise die Leser/innen als lernende Personen selbst sind, die sich im Selbstdenken unterrichten (müssen). Kant ermöglicht das, indem er sie dazu bringt, während der Lektüre in Aporien zu geraten und so stark an bestimmten Behauptungen und Inhalten zu zweifeln und gleichzeitig so weit von einem Lösungsangebot entfernt zu sein, dass sie nicht anders können, als Zuflucht zu eigenem, nicht von außen beeinflusstem Denken zu nehmen.
Die seit dem 19. Jahrhundert etablierte Kantforschung, insofern sie davon ausgeht, im Zeitraum zwischen den Texten hätte der Autor fundamentale Irrtümer in seinem eigenen Denken festgestellt und diese dann jeweils verbessert, wobei er sein Denken also im Ganzen fortwährend erst hat entwickeln müssen, ist nicht in der Lage, eine solche Deutung des Gesamtwerks als dramaturgisch inszenierte Einheit überhaupt nur als mögliche Lesart in Betracht zu ziehen.
Meine Deutung steht in einem diametralen Gegensatz zu dem entsprechenden bislang herrschenden Zugang zum kantischen Gesamtwerk; innerhalb meiner Deutung stelle ich auch verschiedene fest eingewurzelte Topoi, etwa den von einer <Transzendentalen Wende> in seinem Denken oder den von seiner <nachlassenden Denkkraft im Alter> grundsätzlich infrage.